Wie Sie Konflikte erkennen

Bei offenen Konflikten ist es klar ersichtlich, dass man sich nicht einig ist. Doch manchmal brodelt es unter der Oberfläche, der Konflikt läuft verdeckt ab. Dann merken wir oft erst, dass wir in einem Konflikt stecken, wenn es schon fast zu spät ist. Sensibilisieren Sie sich dafür, schon erste Anzeichen für Konflikte richtig zu deuten. Und lernen Sie, wie Sie kritische Situationen frühzeitig erkennen und so rechtzeitig gegensteuern können.

Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie in einem Konflikt stecken, lässt sich das oft an der eigenen Stimmung und inneren Haltung erkennen. Die folgenden Symptome beispielsweise sprechen für einen Konflikt:

Fällt Ihnen auf, dass Sie so denken oder fühlen, nehmen Sie dies als Alarmzeichen dafür, dass Sie etwas unternehmen sollten. Auf Dauer können ungelöste Konflikte Ihre selbständige Tätigkeit sehr stark beeinflussen. Sie belasten Ihre Arbeitsmoral schwer und vergiften das Betriebsklima, wenn Sie Mitarbeiter haben oder in einem Gründerteam zusammenarbeiten. Eine sinnvolle und effektive Zusammenarbeit in Teams ist bei tiefsitzenden, langanhaltenden Konflikten kaum noch möglich. Außerdem können körperliche Beschwerden auftreten, wenn Sie Konflikte auf Dauer verdrängen.

Ergründen Sie Ihre Gefühle und Beziehungen

Wenn Sie nur diffus spüren, dass Sie schlechte Laune haben, hilft es Ihnen vielleicht aufzuschreiben, was Sie tagtäglich belastet. Dann können Sie sofort eingreifen, bevor sich weiterer Ärger aufstaut. Der Managementberater und systemische Psychotherapeut Paul Gamber, Autor von „Konflikte und Aggressionen im Betrieb“ (München 1992), empfiehlt, in solchen Fällen ein „Ärgerprotokoll“ zu führen. Dabei können Sie folgende Fragen beantworten:

Wenn Sie so vorgehen, haben Sie die Chance, viele Dinge sofort zu klären und Ärger erst gar nicht zu einem Berg anwachsen zu lassen. Wenn Sie allerdings nur merken, was Sie stört und belastet, es aber nicht schaffen, sich anders zu verhalten, ist es sinnvoll, sich in einer Einzelberatung Unterstützung zu suchen. Dann können Sie gemeinsam mit dem Coach Strategien entwickeln, wie Sie alternatives Verhalten umsetzen.

Sind Sie unsicher, ob Sie nicht doch bereits in einem Konflikt stecken, hilft das folgende Vorgehen: Besinnen Sie sich auf sich selbst und versuchen Sie zu spüren, wie Sie sich fühlen und wo Sie stehen. Dazu gibt der Münchner Trainer und Berater Reinhard Breuel, der in seinen Seminaren viele Menschen in beruflichen Konflikten erlebt hat, folgende Empfehlung: Ziehen Sie eine Art Zwischenbilanz und zeichnen oder malen Sie ein Bild. Es soll darstellen, wie Sie Ihre Position gefühlsmäßig wahrnehmen – gegenüber Ihren Kunden, Ihren Gründerkollegen, Ihren Mitarbeitern, je nachdem, wie Ihre individuelle Konstellation als Selbständige/r oder Unternehmer/in aussieht. Es geht dabei nicht darum, ein künstlerisch anspruchsvolles Gemälde zu schaffen, das Motiv des Bildes oder der Zeichnung soll nur irgendwie zu erkennen sein. Am leichtesten ist es wahrscheinlich, wenn Sie eine Skizze mit Strichmännchen (oder Strichfrauchen) zeichnen, Sie können aber genauso gut eine andere Art der Darstellung wählen.

Auf einem Bild wird manchmal vieles deutlicher, was Sie vorher gar nicht im Blick hatten oder was Ihnen nicht bewusst war. Vielleicht stellen Sie so fest, dass bei Ihnen alles im grünen Bereich ist. Vielleicht erkennen Sie aber plötzlich auch den Sprengstoff, der in einzelnen oder mehreren Beziehungen steckt. Ihr Bild sollte folgende Fragen beantworten:

Stellen Sie die Art der Beziehung zwischen den Strichmännchen zum Beispiel mit Pfeilen dar: Gerade Pfeile bedeuten positive Beziehungen, gezackte Pfeile negative.

Schauen Sie sich Ihr Bild in aller Ruhe an und lassen Sie es auf sich wirken. Was fällt Ihnen auf, was Ihnen bisher nicht so deutlich war? Haben Sie beispielsweise Ihren Gründerkollegen doppelt so groß gezeichnet wie sich selbst? Könnte das bedeuten, dass Sie sich ihm unterlegen fühlen und deshalb ihm gegenüber nicht gerade souverän auftreten? Sie selbst sind de Fachmann oder die Fachfrau für Ihr Bild, Sie können es am besten interpretieren und damit Ansätze für eine mögliche Lösung eines Konflikts finden. Wenn Ihnen Ihr Bild selbst rätselhaft bleibt, könnte es die Basis für ein Coaching-Gespräch bilden. Finden Sie dann mithilfe der Fragen des Coachs heraus, welches die bedeutsamen Punkte des Bildes sind und wie Sie weiter vorgehen wollen.

Fragenkatalog: Stecken Sie in einem Konflikt?

Die folgenden 35 Fragen können Ihnen ebenfalls helfen, sich über Ihre Situation klarzuwerden. Finden Sie heraus, ob Sie auf den unterschiedlichen Ebenen Anzeichen für einen Konflikt finden. Die Fragen richten sich an Selbständige, die als Einzelunternehmer arbeiten, sowie an Unternehmer, die Mitarbeiter und eventuell auch Mitgründer haben. Bitte beantworten Sie die Fragen, die auf Sie zutreffen, mit Ja oder Nein.

Ihr Verhältnis zu Ihren Mitgründern

Ihr Verhältnis zu Ihren Mitarbeitern

Ihr Verhältnis zu sich selbst

Die Fragen bewegen sich auf verschiedenen Ebenen und sind unterschiedlich bedeutungsvoll. Selbst wenn Sie mehrere Fragen mit „Ja“ beantwortet haben, liegen im Moment vielleicht trotzdem gar keine Konflikte vor, die Sie bewältigen müssen. Dennoch gilt: Je mehr Fragen Sie mit „Ja“ beantwortet haben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie bereits in einem Konflikt stecken. Sie sollten so bald wie möglich Gespräche mit den anderen Beteiligten führen, um Ihre Situation zu klären. Übereilen Sie aber nichts. Bei ersten atmosphärischen Warnzeichen gilt: erst in Ruhe beobachten und abwarten. Vielleicht hat das Ganze gar nichts mit Ihnen zu tun und der Grund für die schlechte Kommunikation mit Ihrem Mitgründer liegt beispielsweise darin, dass er sich mit seiner Frau gestritten oder völlig andere Probleme hat, die überhaupt nicht im Zusammenhang mit Ihrer gemeinsamen Arbeit stehen. Wenn sich jedoch die Zeichen für einen Konflikt zwischen Ihnen und anderen Personen häufen und in dieselbe negative Richtung deuten, ist es wichtig, nicht länger zu warten, sondern nach möglichen Problemen zu fragen. Nehmen Sie sich die Zeit, das Konfliktgespräch gründlich vorzubereiten. Wie Sie dabei vorgehen, erfahren Sie im fünften Kapitel.